Studienauftrag Neubau Jugendhaus St. Raphael, Engelberg, 2022
STÄDTEBAULICHES UND ARCHITEKTONISCHES KONZEPT
Das Jugendheim St. Raphael liegt etwas taleinwärts auf der Höhe des Benediktinerklosters in einem heterogenen Quartier mit Wohnhäusern, Hotel, Werkhof und Sportanlagen. Das bestehende Haus aus den Jahren 1963 / 1964 ist nicht mehr zu halten und soll ersetzt werden. Dabei wird der um einiges grössere Neubau ebenfalls möglichst in die Nordostecke des Grundstückes platziert, um die vorgelagerte Spielwiese möglichst gross zu erhalten.
Im Talboden von Engelberg liegen bei vielen älteren Gebäuden die Firste quer zu den Längsfassaden. Die Dächer sind seitlich bis weit über die Nebenanbauten gezogen und scheinen mit der dadurch niedrigen Traufhöhe aus dem Boden zu wachsen. Auch das bestehende Jugendheim folgt dieser Typologie. Der geplante Neubau nimmt diese Grundform als Erinnerung bewusst auf. Um das Volumen kleinzuhalten und die für ein Jugendheim und Ferienhaus gesuchte kleine Verspieltheit zu erreichen wird ein zusätzlicher First eingeführt. Bekannte Bauten in der Umgebung, so das Berghotel „Bärghuis“ auf dem Jochpass, zeigen bereits diese Verhaltensweise.
Der architektonische Ausdruck mit den einfachen Holzfassaden, den seriell angeordneten Fenstern und dem grossen Vordach folgt der typologischen Ausganslage. Zusätzlich wird auf der Westseite eine vielseitig nutzbare und unverwechselbare grosse Terrasse vorgeschlagen.
ÄUSSERE ERSCHLIESSUNG
Der Hauptzugang zum Jugendheim erfolgt hindernisfrei ab dem Wiesenweg über eine betonierte Rampe, die unter die gedeckte Vorzone mit allen Eingängen führt. Die Terrasse im Obergeschoss ist gleichzeitig schützendes Vordach und bildet mit der Betonplatte entlang der Längsfassade einen grosszügigen Ankunfts- und Aufenthaltsbereich. Die Erschliessung der Studios erfolgt separat über eine Aussentreppe.
INNERE ERSCHLIESSUNG UND ORGANISATION
Die innere Organisation der Räume lässt eine Nutzung durch zwei völlig unabhängige Gruppen, eine Teilnutzung und eine Gesamtbelegung zu. Betreten wird das Haus über den Entreébereich mit Garderobe oder indirekt über den grosszügigen Ski- und Bikeraum. Der Aufenthaltsbereich im Erdgeschoss mit Billardtisch oder Töggelikasten bietet (Spiel-)Raum bei regnerischen Tagen. Die Erschliessung erfolgt getrennt pro Gruppe über eine zweiläufige Treppe, die im Obergeschoss zum Herzstück des Jugendheims führt, zu den beiden Aufenthaltsräumen. Die vorgelagerte Terrasse ist Aufenthaltsort, aber auch Tribüne zur Spielwiese. Eine direkte Erschliessung ins Erdgeschoss erfolgt über eine Aussentreppe. Der flächenmässig grössere Aufenthaltsbereich ist für beide Gruppen erschlossen. In der grossen Küche sind alle bestehenden Geräte und Küchenmöbel untergebracht. Die Gruppenschlafräume liegen einfach strukturiert an den Trauffassaden. Im Dachgeschoss machen die Schlafräume im linken Hausteil den Studios Platz. Die Schlafräume sind dort Richtung Spielwiese ausgerichtet und beide Gruppen können bei Bedarf über eine Verbindungstüre verbunden werden. Die Duschen werden ökonomisch über die Nasszellen erschlossen. Der dazwischenliegende Garderobenraum bietet genügend Sichtschutz und Intimsphäre. Die drei Studios sind dabei seitlich im Obergeschoss angeordnet und nützen den überhohen Raum bis unters Dach mit einer Maisonettelösung spannungsvoll aus. Das optimierte Volumen zeigt sich in einer tiefen Gebäudehüllzahl.
KONSTRUKTION UND MATERIALISIERUNG
Das bestehende Haus wird bis auf die Decke der Unterkellerung zurückgebaut. Darüber wird eine Bodenplatte betoniert, die konstruktiv den darüber liegenden Holzbau vom Terrain abhebt und den Zugang und die Vorzone zur Spielwiese bildet. Die Vorzone ist zugleich Ankunft, Aufenthalt und Zugang. Die konsequente Entfluchtung über Balkone und Aussentreppen ermöglicht freie Materialwahl im Innern des Gebäudes.
Ausser der Betonplatte wird auf Beton aus ökologischen Gründen verzichtet. Gleichzeitig garantiert der 100% Holzbau mit Vorfabrikation eine sehr kurze Bauzeit und die Berücksichtigung des örtlich ansässigen Gewerbes. Die unbehandelte Fassadenverkleidung aus Holz wird durch die Balkone und die auskragenden Vordächer geschützt. Die zum Teil vorgesetzte, offene Fassadenschalung schützt die Treppen und garantiert ein differenziertes Spiel der verschiedenen Elemente wie Fassade, Verkleidung und Brüstungen.
AUSSENRÄUME UND UNTERGESCHOSS
Die bestehende Spielwiese wird in ihrer Art belassen. Die akzentbildende Baumgruppe wird durch ein einfaches Gartengerätehaus mit Pergola, ein Filter zum südlich gelegenen Werkhofgelände, ergänzt. Ein Kiesplatz als mögliche «Boule-Piste» erschliesst die Baumgruppe mit Gerätehaus auf einfache Weise. Diese kleine Aussenanlage kann, falls die Kostenlage das verlangt, auch als spätere Etappe realisiert werden. Die Gartengeräte würden dabei vorerst Platz im Untergeschoss finden.
KONSTRUKTION HOLZBAU
Die Primär-Träger und Stützen, sind aus hochwertigem, einheimischen Fichtenbrettschichtholz geplant und können dank dem guten Stützenraster von 6.80m, wirtschaftlich bemessen werden. Der notwendige Feuerwiderstand der Träger wird durch eine entsprechende Abbrand Bemessung nachgewiesen.
Die Decken, mit maximalen Spannweiten von 4.20m, sind als leistungsfähige Holz-Rippenplatten konzipiert. Die Freiräume zwischen den sichtbaren Balken können beliebig als Installationsflächen oder zur raumakustischen Verbesserung genutzt werden. Dies ergibt eine sehr steife Decke, die alle Ansprüche bezüglich Schallschutzes, Brandschutz und Statik effizient und wirtschaftlich abdeckt. Die Vorfabrikation der Decken- und Wandelemente ist gut möglich und beschleunigt den Bauablauf. Die sichtbaren Holzoberflächen der Balken, Träger und Stützen tragen zu einer wohnlichen Atmosphäre bei. Eine gute Raumakustik und Behaglichkeit sind gewährleistet.
Bei der Wahl der Holzart, bietet sich vor allem unsere einheimischen Fichten, Tannen und Lärche an. Für wertige Bauteile im Innenausbau können auch Laubhölzer eingesetzt werden. Das Holz kann aus der Region bezogen werden und trägt so aktiv etwas zur Nachhaltigkeit und Akzeptanz in der Gemeinde bei.
Wir stellen uns eine robuste und unterhaltsfreie Fassade vor.
Mit der grossen Vordachkonstruktion wird dem konstruktiven Holzschutz ideal Rechnung getragen.
In Zusammenarbeit mit
Makiol Wiederkehr AG, Beinwil